Die Wechseljahre sind für alle Frauen eine Phase des Wandels – physisch, emotional und hormonell. Dabei stehen Gewichtsveränderungen oft im Mittelpunkt der Sorge, die jedoch meist nur das körperliche Signal einer wichtigen Transformation in den nächsten Lebensabschnitt darstellen.
“Wir befinden uns in der Zeit der Schlange. Es gilt, alte Hüllen abzustreifen und auch innerlich bereit zu sein, Gewicht verlieren”, so Andrea Mohr, Heilpraktikerin für Frauengesundheit. “Oftmals halten wir an unserem Gewicht als Schutzfaktor fest, weil wir Angst haben, etwas gehen zu lassen und uns für Neues zu öffnen und in einen neuen Lebensabschnitt eintauchen.”
Doch was steckt wirklich dahinter? Dieser Artikel ist ein Auszug aus der vergangenen Ausgabe der Frauenaustauschplattform Tea&Science, gegründet von Andrea Mohr, Heilpraktikerin für Frauenheilkunde, und Tanja Hohenester, Gründerin der Tigogreen GmbH.
Der Artikel bringt Einblick in die Mechanismen der Gewichtszunahme, den Einfluss von Hormonen und Darmflora sowie nachhaltige Lösungen für ein gesundes Gewicht für das Wohlbefinden von Körper, Geist und Seele.
Was bedeutet „gesundes“ Gewicht?

Gewicht wird häufig mit von außen suggerierten Schönheitsidealen verknüpft. Doch die wahre Relevanz liegt in der Gesundheit. Ein gesundes Gewicht hilft, Krankheiten vorzubeugen und Wohlbefinden zu fördern. Entscheidend ist nicht nur das Gewicht auf der Waage, sondern vor allem der Anteil an Körperfett und ob wir uns gut fühlen.
Andrea Mohr betont, aus dem Diät-Gedanken auszusteigen. Eine Diät ist nur notwendig, wenn wir gesundheitliche Beschwerden haben. Dazu sollten Blutzucker, Cholesterin, Übergewicht im Sinne metabolischer Erkrankungen und Diabetes, Schilddrüsenwerte oder auch Untergewicht und die Gefahr auf Osteoporose untersucht werden.
“Gesundes Gewicht bedeutet nicht, zwingend 10kg abzunehmen, sondern vielleicht sind es je nach Frau auch 2-3 kg mehr, die für uns “gesund” und in Balance bedeuten.”
Das gesunde Gewicht ein maßgeblicher Faktor bei der (Nicht-)Entwicklung von Krankheiten. Sowohl Über-, als auch Untergewicht können mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden.
Hunger-Hormone: Deine inneren Regulatoren
Essen ist nicht nur Hunger, sondern auch Emotionalität. Es lohnt sich, darauf zu achten und aufzuschreiben, wann und warum wir essen. Esse ich aus Nervosität? Anspannung? Belohnung?
Es gibt viele Gründe und wir schauen uns im Folgenden einmal die Hunger-Hormone an.
1. Ghrelin – das Hungerhormon
“Ich habe Hunger” sagt Ghrelin. Ghrelin wird im Magen gebildet und signalisiert Hunger. Nach einer Mahlzeit sinkt der Ghrelinspiegel und das Hungergefühl lässt nach. Bei übergewichtigen Personen ist der Ghrelinspiegel oft niedrig, der Hunger bleibt jedoch bestehen, was zu übermäßiger Nahrungsaufnahme führen kann.
2. Leptin – das Sättigungshormon
“Ich bin satt” sagt Leptin. Leptin wird in den Fettzellen produziert und reguliert das Sättigungsgefühl. Ist viel Leptin vorhanden, wird das Hungergefühl gedämpft. Ein hoher Körperfettanteil kann jedoch zu einer Leptinresistenz führen, wodurch das Sättigungsgefühl ausbleibt.
“Wusstet ihr, dass Leptin während des Schlafs gebildet wird? Guter Schlaf ist also entscheidend für ein gesundes Gewicht”, so Andrea Mohr.
3. Insulin – der Zuckerregulator
Gemeinsam mit Leptin sorgt das Hormon Insulin für deine Gewichtskontrolle. Es ist ein Hormon der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), das den Zucker aus dem Blut in die Zellen transportiert und diese somit ernährt. Bei übermäßiger Zufuhr von Zucker kann es zur Insulinresistenz kommen, was nicht nur zu hohem Blutzucker, sondern auch zum Aufbau von Fettdepots führt.
Warum Gewichtszunahme mit den Wechseljahren? Nur die Hormone?
Mit zunehmendem Alter verändert sich der Stoffwechsel. Faktoren wie sinkende Östrogen- und Progesteronspiegel, Stress (Cortisol), Schilddrüsenunterfunktion und Insulinresistenz beeinflussen die Gewichtszunahme.
Nach dem Ausbleiben des Eisprungs: bis zu 400 kcal weniger Energieverbrauch
Laut Andrea Mohr sinkt der Energiebedarf nach dem Ausbleiben unseres Eisprungs um bis zu 400 kcal pro Tag.
“Hier sehen wir einmal wieviel Energie wie für unseren weiblichen Zyklus benötigen. Das heißt auch umgekehrt, wenn wir nicht ausreichend Energie zuführen, kann der Zyklus bzw. Eisprung im Umkehrschluss auch ausbleiben.”
Hormonbauch – Alles Körperfett “eine Etage höher”
Viele Frauen haben auch damit zu kämpfen, dass sich ein “Hormonbauch” bildet. Während Frauen im fruchtbaren Alter das Körperfett eher in den Oberschenkeln speichern – das stammt noch aus der Evolution und signalisiert gebärfähige Hüften – wandert das Körperfett im zunehmenden Alter “eine Etage höher”. Es hat auch viel mit Stress zu tun. Das Stresshormon Cortisol sorgt dafür, dass vermehrt Fett gebildet wird, das sich vorzugsweise am Bauch ansetzt.
Die Fakten zur Gewichtszunahme
- Östrogene sorgen für ein stabiles Gewicht (kurbeln Stoffwechsel an)
- Sensiblere Reaktion auf Zucker und Kohlenhydrate im Alter (Insulinspiegel steigt, Fettspeicherung im Körper)
- Stress (Cortisol) sorgt dafür, dass vermehrt Fett am Körperstamm ansetzt
- Der Energiebedarf sinkt je älter Frau wird, u.a. durch Abbau von Muskelmasse, Ausbleiben des Eisprungs.
- Grundumsatz bei Frauen zwischen dem 25. und 60. Lebensjahr sinkt schleichend um bis zu ca. 400 kcal pro Tag
5 häufige Ursachen für hormonelle Gewichtszunahme
- sinkende Östrogen- und Progesteronspiegel (z. B. Wechseljahre)
- Stress und erhöhte Cortisolproduktion
- Schilddrüsenunterfunktion
- Insulinresistenz
- Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS)
Mechanismen für die Gewichtszunahme
- Östrogenmangel/-dominanz führen zu vermehrter Fetteinlagerung am Bauch
- Progesteronmangel kann Heißhungerattacken auslösen und das Sättigungsgefühl außer Kraft setzen
- Cortisol fördert Fettaufbau am Körperstamm und erhöht den Blutzucker (Heißhunger)
- Schilddrüsenunterfunktion verlangsamt den Stoffwechsel
- Insulinresistenz begünstigt Fetteinlagerungen
Der Einfluss der Darmflora
Die Darmgesundheit spielt eine entscheidende Rolle. Studien zeigen, dass übergewichtige Menschen häufig mehr Firmicutes („Moppelbakterien“) haben, die mehr Energie aus der Nahrung ziehen, während Bacteroidetes („Schlankmacherbakterien“) überschüssigen Zucker ausscheiden. Ein Ungleichgewicht kann zu einer jährlichen Gewichtszunahme von 7-8 kg führen. Auch eine erhöhte Darmdurchlässigkeit („Leaky Gut“) trägt zu Entzündungen und Übergewicht bei.
Warum viszerales Bauchfett riskant ist
Das viszerale Bauchfett, auch als „Hormonbauch“ bekannt, ist stoffwechselaktiv und birgt zahlreiche Risiken:
- Erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Beeinträchtigung des Sättigungsgefühls
- Zyklusstörungen und Libidoverlust
- Steigerung des Krebs- und Demenzrisikos
- Begünstigung von Fettleber und Immunschwäche
Ganzheitliche Lösungsansätze

1. Lebensstilveränderungen
- Stressmanagement und ausreichend Schlaf
- Regelmäßige Bewegung (Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining)
- Ernährung mit wenig Zucker und vielen Ballaststoffen
- Langsame Gewichtsabnahme (0,5 kg pro Woche)
2. Natürliche Stoffwechselbooster
Andrea Mohr empfiehlt:
- Bitterstoffe (z. B. Löwenzahn, Mariendistel, Grüner Tee) fördern die Fettverdauung.
- Himbeeren wirken antioxidativ.
- Zimt kann bei Insulinresistenz Schutzfaktoren aufbauen
- Bittergurke (Bittermelone)
- Ackerschachtelhalm (Niere; Wasseransammlungen)
- Petersilie (1. diuretisch, kurbelt Nierenfunktion an, scheidet Wasser aus; 2. libidoaufbauend -> energiebringend)
- Grüne Kaffeebohne enthält Chlorogensäure – positiver Effekt auf Blutfette, Leber und Blutzuckerspiegel
- Konjakwurzel (Ballaststoffe – glutenfrei und wenig Kohlenhydrate)
- L-Carnitin (Fett in Energie umwandeln)
- Ingwer und Chili kurbeln den Stoffwechsel an.
- Grüner Tee ist eine natürliche Unterstützung in den Wechseljahren.
3. Intervallfasten
Intervallfasten zeigt positive Effekte auf Stoffwechselparameter, Herzkreislaufgesundheit und Gewicht. Es aktiviert die Autophagie (zelluläre Selbstreinigung) und kann kognitive Fähigkeiten verbessern. Allerdings ist es bei Burnout oder extrem niedrigem Energielevel kontraindiziert.
Schlussgedanken
Ein gesundes Gewicht in den Wechseljahren erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Es geht darum, die eigene Gesundheit in den Fokus zu rücken, statt sich von Idealbildern leiten zu lassen. Wie Andrea Mohr betont: „Reinige dein Inneres, denn wenn du innerlich gefestigt bist, kannst du auch den Ballast im Außen loslassen.“
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Kontakt mit Andrea Mohr: Praxis für Frauengesundheit oder auf Instagram @heilpraktikerin.mohr